Voraussetzungen
Die folgenden Grundlagen sollte man unbedingt schaffen, damit eine gute Böckchenhaltung möglich ist:
Viel Platz
Die Grundvoraussetzung ist ausreichend Platz – Meerschweinchen laufen generell sehr viel und gern. Gerade bei Bockgruppen ist dieser Faktor noch entscheidender, weil die Tiere die Möglichkeit haben müssen, sich bei Bedarf aus dem Weg zu gehen. Sind sich zwei Jungs nicht ganz so grün, kann ein möglichst großes Platzangebot eventuelle Unstimmigkeiten sogar wettmachen.
Am besten überlegt man sich erst einmal, wie viel Platz man seinen zukünftigen Mitbewohnern wo in der Wohnung einräumen möchte. Daraus ergibt sich dann die Anzahl der Schweinchen, die man maximal halten kann. Man rechnet mit mindestens 0,5 m² pro Tier, und da Einzelhaltung nicht in Frage kommt ergibt das schon eine Mindestgröße von 1 m² für zwei. Eine Gehegetiefe von 0,5 m sollte dabei nicht unterschritten werden, damit die Tiere voneinander Abstand halten können. Bei Böckchen sollten es demzufolge mindestens 1,20 m × 0,60 m für ein Duo sein, das sind die Maße eines großen Standardkäfigs. Diese Flächenangaben relativieren sich etwas mit der zunehmenden Große der Gruppe, weil alle Tiere die gesamte Grundfläche nutzen können.
Weil ich Bockduos nicht befürworte (siehe „Gruppenzusammensetzung“) bin ich der Ansicht, dass die handelsüblichen Käfige für die Haltung einer Bockgruppe nicht geeignet sind. Meiner Meinung nach kann man auch erst ab vier Tieren von einer richtigen Bockgruppe sprechen, also wird einem kaum etwas anderes übrig bleiben als ein selbst geplanter Eigenbau. Der Standort des Geheges muss zugfrei aber gut belüftet und vor der Sonne geschützt sein, es steht am besten leicht erhöht. Die Annäherung von oben gemahnt nämlich alle Meerschweinchen an Greifvögel – das mögen sie überhaupt nicht.
Wichtig sind außerdem ausreichend Unterschlupfmöglichkeiten für alle Tiere, so dass sie sich darum nicht streiten müssen. Am besten eignen sich für Bockgruppen Hängematten, Zwischenetagen oder tischähnliche Unterstände ohne Wände, unter denen sich auch mehrere Tiere ohne Körperkontakt zusammen aufhalten können. Meerschweinchenhäuser im klassischen Sinne finde ich ungeeignet. Darin können sich zwei Jungs so richtig in die Wolle bekommen, ohne dass der Unterlegene die Möglichkeit zur Flucht hat.
Außerdem braucht man noch genügend Futterstellen, Tränken und natürlich Lieblingsplätze für alle. Beim Füttern sollte man für jedes Schweinchen eine eigene Portion einplanen. Das heißt bei uns zum Beispiel, dass jedes Böckchen sein erstes Stück Futter einzeln bei mir am Plexi abholt. So kann man auch gleich eine kleine Sichtkontrolle machen, ob es allen gut geht. Das restliche Frischfutter verteile ich überall im Gehege. Es gibt pro Etage einen großen Futternapf für die gelegentliche Gabe Trockenfutter und eine Tränke, die immer mit Wasser gefüllt ist. Heu ist natürlich ebenfalls immer vorhanden, bei uns ohne Raufen sondern zum Knuspern, Kuscheln und Toben überall mit Gehege verteilt.
Ein erfahrener Halter
Eine reine Böckchenhaltung ist die Gruppenform, bei der man verhältnismäßig viel beachten muss. Es kommt deshalb den Tieren zu Gute, wenn der Halter etwas erfahrener ist. Man muss das Sozialverhalten der Tiere untereinander ständig beobachten und natürlich dann auch richtig einschätzen. Meerschweinchen können z. B. Symptome und Krankheiten exzellent verbergen, um nicht aus ihrem Gruppenverband ausgeschlossen zu werden.
Ein guter Halter kann auch abwägen, wann ein Eingriff in die Gruppenzusammensetzung notwendig ist. Erst eine Menge Erfahrung ermöglicht eine objektive Beurteilung des Sozialverhaltens. Man muss also zwischen harmlosen Kabbeleien, Rappelphasen im Flegelalter und ernsthaften Streitigkeiten unterscheiden können. Deshalb möchte ich jedem raten, der mit dem Gedanken einer Bockgruppe spielt, sich vorher eingehend über diese Haltungsform zu informieren.
Gute Nerven
Man braucht für eine Bockgruppe noch etwas, nämlich gute Nerven und Gelassenheit. Es geht oft lebhaft zu, zum Beispiel wenn man rappelnde Jungböcke integriert hat. Als Grundregel gilt: es ist alles OK, solange die Böckchen sich nicht dauerhaft beißen. Ein kleiner Haps kann im Eifer des Gefechts schon passieren, ohne dass man sofort panisch an eine Trennung seiner Böckchen denken muss. Lassen die Jungs aber nicht voreinander ab oder sind sie dauernd zerbissen, muss man natürlich einschreiten. Es gilt also, die Balance zu finden, was man sich noch mit anschauen kann und wo ein Eingreifen notwendig ist. Generell sollte man also die Nerven behalten und objektiv abwägen können, wie man bedacht im Sinne seiner Tiere handeln kann.
Glück auch noch?
Für eine harmonische Bockgruppe mit zufriedenen Tieren braucht man tatsächlich auch ein bisschen Glück. Das beginnt bei einem guten Händchen für die passende Auswahl bockgruppentauglicher Tiere und endet mit der gelungenen sozialen Interaktion der Böckchen in einer größeren Gruppe. Man kann leider trotz aller Umsicht das Pech haben, dass sich zwei Böckchen einfach nicht verstehen und deshalb total verkrachen. Dann muss man natürlich trennen, aber bitte nicht ohne die passende Alternative parat zu haben. Auch eine Trennwand im gemeinsamen Gehege bedeutet Einzelhaft – und die braucht kein Schwein. Es kommt also durchaus auch auf das Glück bzw. den Zufall an, ob und wie die Bockgruppe funktioniert.